Health First!
Wie Du „Entspanntsein“ messbar machst und Deinen Inneren Kritikern den Nutzen des Faulenzens vermittelst.
Ein Artikel von Marion Mahnke, Systemischer Resilienz-Coach, Solo-Selbständige, Mutter einer Teenagerin, eines 11jährigen und einer behinderten Tochter, Familien-Managerin mit Hund …
„Entspann Dich doch mal!“ – leichter gesagt als getan. Auch ich habe diese Stimmen im Kopf, die dafür sorgen, dass es schwer ist mit gutem Gewissen Mußezeiten zu genießen, sich Zeit für Sport, Yoga oder Atemübungen zu nehmen, Hobbys zu pflegen oder einfach bei einem Capucchino die Sonne zu genießen und gar nichts zu tun.
So vieles scheint wichtiger: Geldverdienen, die Kinder von der Musikschule abholen, noch schnell den Einkauf erledigen, die Küche aufräumen, Telefonate und Terminen abarbeiten, endlich diesen Blogartikel schreiben … Unsere To-Do-Listen sind oft so lang und „Ich-Zeit“ steht nur selten drauf, oder?
Ausruhen, Muße, Entspannen. Wir wissen alles, dass das wichtig für die Reduktion von Stress ist. Aber es erscheint so wenig „effektiv“. Es gibt keine „Ziele“. Keine „Ergebnisse“. Keinen „Erfolg“.
Wirklich nicht?
Doch! Gibt es. Doch den meisten von uns fällt nur die Waage als Messinstrument ein. Doch das Körpergewicht als einzige Kennzahl frustriert öfter als dass es uns motiviert – oder?
Also: Wie mache ich „gesundheitlichen Erfolge“ in positiver Weise fassbar?
Stressmarker identifizieren
Gesundheitlicher Erfolg ist messbar. Und zwar im Ausbleiben von Stress-Symptomen. Wenn wir diese identifiziert haben, dann können wir ermessen, inwieweit es uns gelingt die Anforderungen des Alltags und den daraus entstehenden Stress gut zu bewältigen.
Bei mir sind die typischen Symptome beispielsweise Tinnitus, Nackenverspannungen, Migräne-Attacken, Müdigkeits-Anfälle und depressive Verstimmungen und ein allgemeines körperliches Unwohlsein. Bei Dir können es andere Dinge sein: Herzrasen zum Beispiel oder das Gefühl von Getriebensein oder dein Schmerzmittel-Bedarf. Im ersten Schritt gilt es also diese Stressmarker zu identifizieren:
- Tinnitus?
- Nackenverspannungen?
- Migräne-Attacken?
- Müdigkeit/Depressive Verstimmungen?
- Allgemeines Unwohlsein?
- Ernährungsverhalten?
Was sind Deine typischen Stress-Marker? Woran erkennst Du, dass Du heute und in der letzten Woche gut für Dich gesorgt hast?
Mein Freund der Tinnitus …
Wichtig dabei ist: Versuche diese Stressmarker nicht als „negative Stimmen“ zu verstehen. Sie sind viel mehr „kritische Freunde“, die Dir sagen: „Hey – Stopp! Du halst Dir gerade zu viel auf!“. Seit ich den Tinnitus als „nervigen aber wohlmeinden Ratgeber“ verstehe und realisiere dass meine Migräne mich zwingt kürzer zu treten, weil ich nicht gut für mich selbst sorgen konnte, komme ich viel besser mit diesen bislang ungeliebten Symptomen zurecht.
Stress-Punkte ermitteln
Um meinen aktuellen Erfolg im Stress-Management zu ermitteln, blicke ich auf den Tag oder die Woche und gebe ich mir 0-10 Stress-Punkte pro Marker
Der Tinnitus hat gar nicht vorbeigeschaut? Okay – 0 Stress-Punkte. Die Nackenverspannungen waren diese Woche nur zweimal da und ich konnte sie mit einem Bad wegbekommen: Gibt 3 Punkte. Keine Migräne und auch keine unangemessene Müdigkeit – beides 0 Stresspunkte! Yeah!
Depressive Verstimmungen kamen diese Woche selten auf – und waren mit Spaziergängen und Sport in Griff zu bekommen: 5 Punkte. Ich merke aber, dass ich mich letzte Woche manchmal irgendwie aufgebläht gefühlt habe: 4 Punkte für „Allgemeines Unwohlsein”.
Die Ernährung habe ich zwar vielfältig gestaltet – aber an zwei Abenden doch die Kontrolle verloren. Klares Stress-Signal! Ich denke das sind 6 Punkte auf der Stressampel. Sind insgesamt 18 Punkte für eine Woche… Gar nicht so schlecht!
Am Ende eines Tages oder einer Woche bekomme ich so einen Überblick darüber, ob der Stress mir geschadet hat, oder ob ich ihn angemessen bewältigen konnte – und ob die Maßnahmen, die ich ergriffen habe tatsächlich taugen.
Erfolg
Doch wann ist deine Woche „erfolgreich“? Dafür gibt es keine absoluten Zahlen, denn es hängt ja von der Menge deiner Stressmarker ab, die Du in Deine persönliche Liste aufnimmst. Außerdem spielt eine Rolle, wie Du selbst die Skala einsetzt und in welcher Situation du gerade bist.
18 Punkte sind für mich recht gute Bilanz, da ich wirklich sehr viele Anforderungen in meinem turbulenten Alltag als Selbständige, Mutter und Pflegeperson zu bewältigen haben. Noch dazu mitten in der Pandemie – das Ergebnis für eine Arbeitswoche völlig okay – bietet aber noch Potential. Mein Erfolgsziel für die nächste Woche ist es also „unter 18“ zu kommen.
Natürlich ist die 0 ein schönes Ziel. Aber die wirklich wichtige Frage ist Folgende: Mit wie vielen Stresspunkten fühlst Du Dich wohl? Mit wie vielen kannst du (eine Weile) gut leben? Ab welcher Punkt-Zahl gefährdest Du Deine körperliche und psychische Gesundheit dauerhaft? Wenn Du eine Weile mit dieser Methode arbeitest, wirst Du immer besser spüren wo DEINE Grenzlinien verlaufen.
Konsequenzen
Mit dieser Methode können wir den Erfolg unserer Stressmanagement-Maßnahmen messen. Und: Sie erlaubt es uns guten Gewissens Maßnahmen zu ergreifen: Zeit für unsere Yoga-Stunde reservieren, den Capucchino-in-der-Sonne-Termin im Kalender einzutragen, eine Stunde länger mit Genuss im Bett liegen zu bleiben und unseren Roman zu lesen. Weil es dann eben nicht mehr „Nichtstun“ ist – sondern ein aktiver Beitrag zu unserer Gesundheit.
Außerdem können wir überlegen – und nachvollziehen – welche Methoden uns individuell am meisten helfen? Die tägliche Radtour? Die wöchentliche Wanderung im Wald? 3mal täglich 3 Minuten Atemübungen? Eine achtsame Grundhaltung? Unser tägliches Work-Out? Büro-Gymnastik oder aktive Mittagspause? Oder eher ein regelmäßiger Mittagsschlaf?
Leben ist mehr als „Dinge erledigen“!
Die Möglichkeiten sind vielfältig. Und jedem hilft etwas anderes. Doch es geht nicht darum möglichst „effektiv“ Stress zu „managen“. Es geht darum ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Verpflichtungen und Entspannung zu finden. Dinge zu tun, die uns Freude machen – und uns guten Gewissens die Zeit dafür nehmen!
Denn letztlich ist das Leben nicht dafür da „Dinge“ zu erledigen. Es ist unser Leben. Unsere Zeit. Und wir können – und dürfen uns in unserem Leben wohlfühlen. Nicht um „noch bessere“ Leistungen zu erbringen, wie die Anti-Stress-Schulungen der Arbeitgeber es suggerieren oder um als Pflegeperson „leistungsfähig“ zu bleiben, wie der Resilienz-Kurs der Krankenkasse nahelegt. Einfach um selbst ein gutes Leben zu leben. Wir wissen, dass wir das wert sind. Wir wissen, dass wir es dürfen. Wir wissen, dass wir es uns erlauben können. Aber viele von uns haben da diese Stimmen.
Sichtbarer Erfolg beruhigt die inneren Stimmen
Viele kennen diese inneren Stimmen, aus der Kindheit, die Botschaften des Inneren Teams oder wie auch immer man es nennt. Stimmen, die uns aus der Badewanne treiben, weil wir uns doch endlich um die Kinder kümmern müssen. Die uns dazu bringen doch noch eine umfangreiche Arbeit fertigzustellen, statt endlich an der Sonne laufen zu gehen. Oder die uns dazu treiben die Küche aufzuräumen statt nach einem Nacken-Yoga mit einem guten Buch und einem Glas Wein den Feierabend zu genießen.
Diese Stimmen lieben „Kennzahlen“. Diese Stimmen lassen sich beruhigen, wenn wir „Gesundheit“ als oberstes Ziel definieren und der inneren Buchhalterin, der Stimme des Kritikers im Kopf oder der Antreiberin „Ergebnisse“ präsentieren können.
Und nicht nur dass: Plötzlich arbeiten sie nicht gegen uns, sondern mit uns. Die innere Buchhalterin nickt zustimmend und sagt: „Ja – deine Stress-Punkte gehen in die Höhe! Nimm dir ein verlängertes Wochenende – nur so bist Du dann fit für die kommende Woche!“. Der Kritiker kommentiert: „Super, dass Du jetzt Dein Buch in der Wanne liest – damit optimierst Du Dein Stress-Management!“. Die Antreiberin betont: „Jetzt klapp den Laptop zu – es ist Zeit für unsere Draußen-Zeit! Du musst dringend noch 2 Stunden Aktivität in der Sonne haben, damit wir diese Woche unsere Stress-Punkte vom letzten Mal unterbieten können!!“.
Auf diese Weise bekämpfen wir diese Stimmen nicht, die uns daran hindern Ich-Zeit, Gesundheit und Wohlbefinden mit Prioritäten zu behandeln. Wir holen sie ins Boot, indem wir unseren Gesundheits-Erfolg messbar machen.
So – und ich muss nun endlich diesen Artikel beenden und Laufen gehen! Noch ist etwas Sonne da … und meine Emails werden warten müssen, bis ich wieder entspannt und gelassen an die Arbeit gehen kann!
Ich hoffe diese Impulse haben Euch gefallen und bin sehr neugierig auf Eure Rückmeldungen!
Eure
Marion Mahnke
Dein Systemischer Resilienz-Coach
von www.marion-mahnke.de und www.aussergewoehnlich-gut-leben.de